Ich bin ein Journalist?

Es gab einen Zeitpunkt in meiner Karriere als Sport- und Pressefotograf, da habe ich mir gedacht: „Was zum …“. Es war der Augenblick, als mir endgültig gesagt wurde, ich bin jetzt kein Fotograf mehr, sondern ein Journalist. Eher gesagt Bildjournalist.

 

Ich hatte ja den Wunsch der Selbstständigkeit. Das ist mittlerweile ein paar Jahre her. Damals wollte ich Fotograf werden, vermischt mit ein bisschen Videografie. Dazu wollte ich auch mal Sport, eher gesagt Fußball, fotografieren. Und wer beruflich fotografiert, der ist ein Fotograf. Einfach, oder?

Das dachte ich auch. Und zu Anfang war es auch so. Ich habe durch den Redaktionsauftrag meiner Agentur einen Presseausweis bekommen und konnte dem entsprechend endlich zu meinem geliebten HSV.

Nach dem aber fast alle Corona-Auflagen fielen, wurden auch die Voraussetzungen in den Stadien wieder strenger. Vorher waren sie zwar auch streng (sogar strenger), jedoch konnte ich dort tatsächlich einfacher akkreditiert werden. Plötzlich war aber kein Platz mehr für mich, später wurde dann ehrlich gesagt, was Sache war: Ich hatte den falschen Presseausweis.

Kurz angemerkt, wir haben in Deutschland die Pressefreiheit. Heißt, jeder darf sich Journalist nennen. Auch du!

Das bedeutet, jeder kann sich einen Presseausweis ausstellen lassen. Hier gibt es allerdings einige Unterschiede.
Bei einigen Verbänden muss man nichts machen außer Geld bezahlen. Mit diesen Ausweisen kann man faktisch nichts anfangen. Dann gibt es Presseausweise, die sind schon ein wenig seriöser. Aber auch hier ist irgendwann Endstation. Und solch einen hatte ich.

Eine andere Hausnummer ist der anerkannte Presseausweis, der von einem Verband ausgestellt wurde, welcher im deutschen Presserat ist. Mit diesem Ausweis kommt man de facto überall hin. Und er hat einen enormen Vorteil: Die Hauptberuflichkeit.

Dieser Presseausweis weist einen als Journalisten aus, welcher hauptberuflich als solcher tätig ist. Das bedeutet aber auch, man sollte in die Künstlersozialkasse. Und dort kommen wiederum nur Künstler, Publizisten und Journalisten rein. Teilweise ist der Eintritt in die Künstlersozialkasse auch Voraussetzung für einen anerkannten Presseausweis.

Ich habe mich also bei der Künstlersozialkasse gemeldet und musste angeben, aus welchen Teilen meine Selbstständigkeit besteht. Die “KSK” hatte aber Nachfragen und dann wurde mir erklärt, warum die Unterscheidung der einzelnen Bereiche so wichtig ist. Wie gesagt, für mich ist die Fotografie halt die Fotografie. Aber für die Künstlersozialkasse ist es ein Unterschied zwischen journalistischer Fotografie und einer Dienstleistung.

Ein Hochzeitsfotograf ist ein Dienstleister. Genau so wie ein Baby- oder Immobilienfotograf. Er bietet seine Leistung für zahlende Kunden an. Ein journalistischer Fotograf hält das Zeitgeschehen fest. Ob ein Tor in einem Fußballspiel oder Politiker bei einer Rede.
Nachdem ich endlich in der KSK war und auch den Presseausweis in den Händen hielt, wurde mir klar: ICH BIN JOURNALIST!

Aber sehe ich mich auch als solch einer?

Früher fand ich das ein wenig albern. Ich fotografiere Fußball oder Handball. Journalisten sind die, die Artikel schreiben. Jetzt, einige Zeit später hat sich die Meinung geändert. Nun würde ich tatsächlich sagen, dass ich ein Journalist bin. Jedoch würde ich gerne das Wort „Bild“ voranstellen. Denn Bildjournalist sagt eher aus was ich mache. Das Wort „Journalist“ klingt so hoch, als wäre ich ein Redakteur bei der WELT oder einem TV-Sender. Wenn ich aber sage, dass ich ein Bildjournalist bin, welcher Sport fotografiert, dann wirkt es gleich realistischer.

Die Tätigkeit als Fotograf an sich habe ich damit also aufgegeben. Für mich selbst habe ich nur die Tätigkeitsfelder gewechselt. In Wahrheit habe ich aber eine komplett andere Welt betreten.

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Hat die Sportfotografie eine Zukunft?

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